Plenarsitzung am 12. Juni 2024
Rede zu TOP 27 – Jahresbericht 2023 des Sächsischen Rechnungshofs
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
der Sächsische Rechnungshof berichtet nach Art. 100 der Sächsischen Verfassung dem Landtag über die Prüfung der Rechnungsführung und der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes. Die jährlichen Berichte haben somit Verfassungsrang.
Der Jahresbericht des Rechnungshofs ist neben der Haushaltsrechnung als solcher Grundlage für die Entlastung der Staatsregierung durch den Landtag nach Art. 114 der Sächsischen Haushaltsordnung.
Wenn wir uns alljährlich damit befassen, dann ist das also nicht bloße Routine, sondern ein elementarer Bestandteil der demokratischen Kontrolle der Regierung durch den Landtag.
Das heißt nicht, dass sich die Mehrheit des Landtags jede Feststellung des Rechnungshofs auch in vollem Umfang zu eigen macht.
Aber: wir als CDU-Fraktion setzen uns gemeinsam mit den Ressorts mit jedem einzelnen Beitrag aus dem Jahresbericht auseinander.
Die Kritik des Hofes an der Haushalts- und Wirtschaftsführung der Staatsregierung führt in jedem einzelnen Fall zum Nachdenken.
Der Rechnungshof ist in seiner Prüfung unabhängig. Nicht nur Kraft Verfassung, sondern nach meiner Überzeugung auch in der Praxis.
Das möchte ich für die CDU an dieser Stelle hervorheben, um ihn ganz klar in Schutz zu nehmen gegen manchmal – zumindest unterschwellig – vorgebrachte Vorwürfe, er würde bei seinen Prüfungen „politisch“ agieren. Nein, ich halte den Rechnungshof für hochgradig „farbenblind“.
Vielmehr muss sich die Politik immer wieder hinterfragen lassen, inwieweit sie unabhängig von Einzelinteressen ist und Steuermittel zum Nutzen der Allgemeinheit verwendet. Daran werden wir alle, auch in der Bevölkerung, gemessen.
Daher danke ich auch in diesem Jahr dem Rechnungshof, seinem Präsidenten, den Direktorinnen und Direktoren und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die gewissenhafte Wahrnehmung ihrer Prüfungs- und Beratungstätigkeit und die Berichterstattung an den Landtag.
Ich danke auch der Staatsregierung und allen Fraktionen im Haushalts- und Finanzausschuss für die konstruktive Beteiligung am Beratungsverfahren, so dass es uns gelingt, die Befassung des Landtags mit dem Jahresbericht 2023 noch vor der Sommerpause und damit vor dem Ende der Legislaturperiode abzuschließen.
Der Jahresbericht 2023 in zwei Bänden betrachtet die Haushalts- und Wirtschaftsführung in 39 einzelnen Beiträgen.
Kern der Berichterstattung sind die Beiträge 1 und 20. In diesen beiden Beiträgen berichtet der Rechnungshof über die Prüfung der Haushalts- und der Vermögensrechnung der Staatsregierung für das Haushaltsjahr 2021.
Im Ergebnis bestätigt der Rechnungshof die grundsätzliche Ordnungsmäßigkeit des Haushaltsvollzugs als Grundlage für eine Entlastung der Staatsregierung.
Der Rechnungshof bewertet allerdings vor allem in den Beiträgen 2, 3 und 22 sehr kritisch Entwicklungen der Haushaltssituation, der Staatsschulden und der Stellenentwicklung des Freistaates.
Er warnt vor einem weiteren Ansteigen der Ausgaben und der Personalausstattung sowie einer Lockerung des Neuverschuldungsverbots. Vor dem Hintergrund der impliziten Verschuldung durch die Pensionsverpflichtungen misst er dem verfassungsrechtlich verankerten Generationenfonds eine besondere Bedeutung zu.
Auch im jüngst veröffentlichten ersten Band des Jahresberichts 2024 fordert der Rechnungshof, dass aufgrund der ungewissen weiteren wirtschaftlichen Aussichten der Freistaat angehalten ist, alle Ausgabenbereichen im Rahmen der Planung und im Haushaltsvollzug kritisch zu hinterfragen.
All diese Mahnungen sollten der Staatsregierung, aber auch uns hier im Parlament, genug Anlass geben, zusätzliche Ausgaben- und Stellenwünsche im kommenden Doppelhaushalt zurückzustellen.
Auch die kommunale Ebene bitte ich, im Sinne des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes, Zurückhaltung bei der Ausstattung mit Mitteln aus dem Finanzausgleich zu üben.
Die allen bekannte „Mai-Steuerschätzung“ führt uns die bestehenden Risiken für einen nachhaltigen Haushalt zusätzlich vor Augen.
Angesichts beschränkter finanzieller Rahmenbedingungen in den nächsten Jahren muss es darum gehen, Prioritäten zu setzen. Nicht alles, was wünschenswert ist, kann im nächsten Doppelhaushalt umgesetzt werden.
Im Übrigen habe ich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Herbst-Steuerschätzung eine signifikante Entspannung der Einnahmesituation bringen könnte.
Auch längerfristig wird die demografische Entwicklung im Freistaat zu Lasten der Zuweisungen aus dem bundesstaatlichen Finanzausgleich gehen.
Es wäre fatal, vorzugaukeln, allen Herausforderungen, ob größeren oder insbesondere auch kleineren, könnte der Staat mit Geld sofort begegnen. Diese Illusion zu vermitteln, ist der falsche Weg, der von den Bürgerinnen und Bürgern auch durchschaut wird. Ich rate daher zu „Klarheit und Wahrheit“, auch wenn die Wahrheit nicht immer angenehm ist.
Lassen Sie mich nach diesem gebotenen kleinen Exkurs zur Haushaltssituation auf eine konkrete Feststellung des Rechnungshofes zurückkommen.
Der Rechnungshof kritisiert im Beitrag 3 die Verschuldung im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Er hält die Schuldenaufnahme in den Jahren 2021 und 2022 für nicht gerechtfertigt, da sich der maßgebliche Landtagsbeschluss zu einer bestehenden Notsituation nur auf das Haushaltsjahr 2020 bezogen hätte.
Die CDU kann mit dieser Kritik umgehen. Auch sie ist ein Beleg für die Unabhängigkeit des Rechnungshofs, der keine politischen Abwägungen vornimmt.
Wir teilen die Sichtweise allerdings nicht. Das Parlament hat mit seiner Mehrheit in der fraglichen Sitzung am 9. April 2020 den Beschluss zum Bestehen der Notsituation gefasst. Und in der Begründung ausdrücklich festgestellt, dass die Beeinträchtigung der staatlichen Finanzlage aufgrund der Notsituation durch die Pandemie auch noch in den Jahren bis 2022 bestehen wird.
Dementsprechend wurden auch die zeitlichen Kreditermächtigungen im Corona-Bewältigungsfondsgesetz ausgestaltet.
Im Übrigen wurde die Kreditermächtigung bis zu 6 Mrd. EUR bei weitem nicht in Anspruch genommen. Tatsächlich wurden Schulden lediglich in Höhe von rund 2,8 Mrd. EUR aufgenommen. Und wir haben die Tilgung der gesamten Schulden bereits für das Jahr 2030 im Blick.
Die aus den aufgenommenen Krediten geleisteten Ausgaben in den Jahren bis 2022 waren der anhaltenden Notsituation im Freistaat grundsätzlich angemessen und hatte an erster Stelle die Zukunft des Freistaates und seiner Menschen im Blick.
Bei der Bewertung bitte ich im Übrigen auch zu berücksichtigen, dass in einer bis dahin nie dagewesenen Notsituation dieser Art erstmals eine Ausnahme vom Verschuldungsverbot nach Art. 95 der sächsischen Verfassung zum Tragen kam.
Die Erfahrungen damit werden die Staatsregierung und das Parlament künftig noch sensibler im Umgang mit der Ausnahmeregelung machen.
Auch im bereits weiter oben kurz angesprochenen ersten Band des Jahresberichts beschäftigt sich der Rechnungshof erneut in ungewöhnlichem Maße mit dem Coronabewältigungsfonds und hält verbissen an seiner Grundsatzkritik fest. Eine Bewertung dieser Feststellungen bereits an dieser Stelle käme allerdings verfrüht.
Das der Hof dabei den Finger in die Wunde sehen wir nicht zuletzt an der Haushaltsbewirtschaftungsmaßnahme, welche der Finanzminister heute erlassen hat.
Aber lassen sie mich zum Abschluss feststellen: Die Hinweise des Rechnungshofs in den Jahresberichten geben Regierung und Parlament unverzichtbare Hinweise auf Verbesserungsmöglichkeiten im Umgang mit Steuermitteln der Bürger.
Dem werden sich alle hier vertretenen Fraktionen ungeachtet unterschiedlicher Votierung im Einzelfall anschließen können.
Auch wenn das Parlament in der Mehrheit manche Beiträge lediglich zur „Kenntnis“ nimmt, heißt das nicht, dass wir völlig uneins mit dem Rechnungshof sind.
Vielmehr ist das in aller Regel dem geschuldet, dass in einem Beitrag durchaus unterschiedliche Einzelpunkte betrachtet werden, die sich dann aber gerade deshalb einem differenzierten Votum entziehen.
Herr Rechnungshofpräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen,
seien Sie versichert, dass auch der Jahresbericht 2023 bereits auf fruchtbaren Boden gefallen ist. Dies erkennen Sie bereits aus den zahlreichen „zustimmenden Kenntnisnahmen“ der Koalitionsfraktionen zu den Beiträgen des Berichts. Diese signalisieren, dass die Staatsregierung bestrebt ist, den vom Hof geltend gemachten Verbesserungen Rechnung zu tragen.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
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